Stiftung&Sponsoring – Teil 49

Ausgabe 05.24
Mathieu St-Pierre: Wiki Dollar (2014)
von Tina Sauerländer und Hermann Büchner


Mit der Entwicklung der Computer, der digitalen Welt und des Internets geht ein großer Wandel im künstlerischen Schaffen einher. Es entstehen Arbeiten, die mit Software programmiert werden, die nur virtuell existieren oder nur im Internet abrufbar sind. Die Fragen nach Kopie und Original, nach Entstehungsprozessen und Distribution von Kunstwerken sowie deren Wertschöpfung auf dem Kunstmarkt haben sich fundamental verändert.
Mit Werken von César Escudero Andaluz, Peristeri On und Maximilan Roganov (siehe Ausgabe 05.19 des Magazins Stiftung&Sponsoring) gehören mehrere digital entstandene Arbeiten zum Bestand der Sammlung Haupt, so auch der hier vorgestellte »Wiki Dollar«.

Der aus Kanada stammende und in Südkorea lebende Künstler Mathieu St-Pierre verwendet für diese Arbeit die Abbildung der 1-Dollar-Bundesbanknote, Serie 2003. Mithilfe eines algorithmischen Computerprogramms verändert er das äußere Erscheinungsbild.


Das eigentliche Motiv erscheint im Werk nicht nur leicht unscharf, sondern das prägende Porträt von George Washington und weitere Elemente der Vorlage werden von farbig intensiven Mustern verdeckt. Auf den ersten Blick oder aus Distanz vermag man das Dollar-Motiv zunächst gar nicht zu erkennen. Die neu entstandene abstrahierte Struktur erinnert an analoge Störbilder von Röhrenfernsehern. Der immer noch als globale Leitwährung geltende Dollar in seiner fehlerhaften Form wird zu einem Sinnbild für das gestörte globale Finanzsystem. St-Pierre verwendet in seinen Arbeiten oftmals vorgefundenes Bild- oder Videomaterial aus dem Internet, das bereits digitale Fehler (engl. digital bugs, digital faults) aufweist. Es handelt sich dabei um kaputte Dateien, die durch die Bearbeitung des Künstlers mithilfe verschiedener Software weiter verzerrt oder zerstört werden. Bilder oder Bildsequenzen werden übereinandergelegt, sodass der von vornherein nicht perfekte Ausdruck zusätzlich betont wird.


Zum Wiki Dollar sagt der Künstler: »Der Name des Werks gibt einen Hinweis auf die Herkunft des Originalbildes, nämlich Wikipedia. Dort dient die als Archivbild verwendete Dollar-Abbildung auch als öffentliche Referenz für Forschung und Wissen. Es wurde so bearbeitet, dass vor allem die Zahlen und Buchstaben der Dollaroberfläche sichtbar bleiben. Dies greift auf die Idee zurück, dass Kryptowährungen und andere digitale Transaktionen keine spezifische visuelle Darstellung außer dem Wert haben, so dass Kunstform und Handwerk unter digitalen Fehlern begraben bleiben.«


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