​​Stiftung&Sponsoring – Teil 32


Ausgabe 6/2021
Anne Jud: Die geteilte Frau oder Amerika in der Hochblüte
von Hermann Büchner (Berlin)

Vielfältige Assoziationen bietet ein Blatt der Schweizer Künstlerin, die überwiegend in Deutschland und den USA lebte und arbeitete. In verschiedenen Bereichen und Phasen ihres künstlerischen Schaffens beschäftigte sich Jud schon frühzeitig und immer aufs Neue mit dem Thema Geld.


Die 1953 in Kastanienbaum bei Luzern geborene – 2016 unerwartet an einem Aneurysma verstorbene – Künstlerin absolvierte zwischen 1972 und 1974 eine Schauspielausbildung in Zürich und Wien und zog 1974 nach Berlin (West).
Eine sechsmonatige Studienreise führte sie in 1975/1976 durch Mexiko und die USA. Bereits in dieser Zeit entstanden erste Arbeiten zum Thema Geld, ausgelöst vom allgegenwärtigen Dollar mit seiner – damals noch – schillernden Präsenz. Mit der Überzeichnung und collagierenden Weiterverarbeitung von Banknoten begründete Jud damit für die moderne Kunst der BRD eine Methode, die wenig später auch Joseph Beuys für sich entdeckte – und damit wesentlich mehr Bekanntheit erlangte.

In zahlreichen Collagen aus der Mitte der 70er Jahre, entstanden während bzw. im Kontext des USA-Aufenthalts, nimmt die 1-Dollar-Note einen zentralen Platz bei Jud ein – mehr oder weniger deutlich noch erkennbar in den Adaptionen.
In der hier vorgestellten Arbeit tritt der aufgedoppelte Dollar-Schein, eingebettet in eine grafische Struktur, fast gänzlich hinter die fast formatfüllend collagierten Darstellung zurück, welche sich bei näherem Hinschauen als kolorierte Replik einer quer geteilten Ansichtskarte entpuppt. Diese zeigt eine Dame in – für damalige Zeiten – auffallend knapper Badebekleidung, und steht damit einen Topos, der sich seit ca. Mitte der 50er Jahre großer Beliebtheit erfreute. Allein der Umgang mit dem Motiv und auch die Titelgebung assoziieren ironisch-verfremdend das Klischee der zersägten Frau, eher bekannt aus der ›Wunderwelt‹ der Magie. Mit dem Werktitel-Zusatz »… Amerika in der Hochblüte« wird das Ganze mit dem american way of life unter folgerichtiger Einbindung des Status-Symbols dazu, dem Dollar, zusammengeführt.

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