Stiftung&Sponsoring – Teil 18


Jochen Schamal: Goldenes Kalb (1996)
von Alexa Küter (Potsdam) und Hermann Büchner (Berlin)

In der Werkgruppe der
plastischen Objekte im Bestand der Sammlung Haupt, überwiegend bestehend aus
Readymades und kleineren Multiples sowie Medaillen unterschiedlicher Dimension,
nimmt die Arbeit von Jochen Schamal eine Sonderstellung ein, denn es handelt
sich dabei um eine Bronzeplastik.
Das Goldene Kalb als in
der Bibel angebeteter Götze gilt als Symbol für die übersteigerte Verehrung von
Macht und Geld. Es ist das Negativzeichen ethischen und moralischen Verfalls. In
der Diktion vom »Tanz ums Goldene Kalb« ist die Metapher umgangssprachlich
heute als prägnantes Sinnbild für das Gerangel um Macht und Reichtum verankert.

Jochen Schamal gelingt mit
seiner Bronze quasi eine Symbiose von Sinn- und Dingebene – und zwar gerichtet
auf die kritische Adaption einer konkreten, zur Entstehungszeit noch in voller
Blüte stehenden Währung, der Deutschen Mark.



So hat der Bauch des
fetten, übersatten Tiers die symbolträchtige Form eines Markstücks erhalten.
Dadurch wird es zum Sinnbild deutschen Konsums und des Kapitalismus. Diese
Kritik wird jedoch spielerisch vorgebracht: Das Kalb steht nicht auf eigenen
Füßen, sondern hängt dank seines im Verhältnis viel zu fragilen Ständers
buchstäblich in der Luft. Es wirkt wie ein mit heißer Luft gefüllter Ballon.
Der Kopf ist viel zu klein für den mächtigen Bauch – passen Intelligenz und
Klugheit etwa nicht mit Gier zusammen? Auch die geflügelte Mickey Maus-Figur
auf der Rückseite, die den Bundesadler ersetzt, gibt der Skulptur eine
humorvolle, heitere Note. Gleichzeitig kann sie als Symbol einer amerikanisch
geprägten oder besser noch: globalen, alle Kontinente vereinenden
Konsumgesellschaft aufgefasst werden. Dennoch: Bei den die Buchstaben
ersetzenden Gegenständen handelt es sich keinesfalls um weitere Repräsentanten
von Konsum oder Verderbtheit, so wie man es etwa in der Honey-Währung von
Eberstaller (vgl. Teil 11 der Reihe in Ausgabe 03/2018) vorfindet. Vielmehr
handelt es sich um belanglos erscheinende Dinge, die man vornehmlich in einem
Kinderzimmer auf dem Schreibtisch findet: Kleine Spielsachen wie ein Auto oder
Tierfiguren, Arbeitshilfen wie Anspitzer oder Tintenpatrone, Schlüssel oder
Urlaubssouvenirs wie die Muschel, ein abgerissener Reißverschluss. Diese
alltägliche Ansammlung spannt den Bogen wieder zu uns zurück: Jeder Durchschnittsmensch
hat solch ein »Goldendes Kalb« in seiner Nähe und strebt im täglichen Leben
selbstkritiklos nach Geld und Macht.

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