Stiftung&Sponsoring, Ausgabe 06.23 – Beilage »Rote Seiten«

In der Beilage »Rote Seiten« der Ausgabe 06.23 des Magazins »Stiftung&Sponsoring« geht es um die Sammlung »Dreißig Silberlinge«, die Kunst, das Sammeln, das Geld …
mit Beiträgen von Christina Bach, Herbert Genzmer, Pete Jones, Sven Kalden, Sebastian Siechold, Martin Stather, Philipp Valenta; Stimmen zur Sammlung, visuell gefasst von Christin Lahr, und einer Einleitung Hermann Büchner und Stefan Haupt

Als wir Gold- und Silbermünzen mit uns führten, war Geld noch etwas wert. Daran wurden wir wieder erinnert, als im Frühjahr 2017 die 1-Million-Dollar-Goldmünze aus dem Bode-Museum gestohlen wurde. Richard Nixon hat 1971 die Goldbindung des Dollars aufgehoben, um den Vietnamkrieg weiter finanzieren zu können. Die Aufgabe des Goldstandards machte Geld nur noch zu buntem bedruckten Papier. Im Laufe der letzten Jahre ist dieses bunte Papier immer mehr verschwunden: 500- und 200-Euro-Banknoten begegnet man kaum noch, erstere werden auch nicht mehr nachgedruckt. Im Zuge der Corona-Pandemie hat sich zudem das bargeldlose Bezahlen durchgesetzt. In Schweden kann man bereits jetzt erleben, wie ein Land und ein Leben ohne Bargeld funktionieren.


Die zur Sammlung Haupt „Dreißig Silberlinge – Kunst und Geld“ gehörenden Arbeiten beschäftigen sich mit den sozialen, kulturellen, politischen und ökonomischen Fragen, die die Menschen im Zusammenhang mit (Bar-)Geld bewegen. Seit Herbst 2016 wird in jedem Heft der Zeitschrift „Stiftung & Sponsoring“ eine Arbeit aus der Sammlung Haupt vorgestellt, die gleichzeitig auch die Titelseite des Heftes prägt.

Mit diesen „Roten Seiten“ soll das Thema Kunst und Geld breiter beleuchtet werden.


Christina Bach untersucht unter anderem, wie in der Zeit der Hyperinflation Geldscheine für Propagandazwecke genutzt wurden. Dabei wird der Bogen von historisch intendierten, ihrem eigentlichen Sinn weitgehend entfremdeten ‚Banknoten‘ bis hin zu primär kunst- und sozialkritischen Schöpfungen der Gegenwart gespannt, von denen sich imposante und in vieler Hinsicht nachdenklich machende Beispiele im Bestand der Sammlung Haupt befinden.


Herbert Genzmer beschreibt in seinem dystopischen Roman „Liquid“ eine bargeldlose Welt. Diese ist nicht nur für Kriminelle und den damit einhergehenden Drogenhandel sowie die Sexarbeit existenzbedrohend, sondern führt auch im finanziellen Bereich zur totalen Kontrolle, wie wir es aus George Orwells Roman „1984“ kennen. Spätestens mit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung wurden wir für die Gefahren sensibilisiert, die ein achtloser Umgang mit personenbezogenen Daten in sich birgt. Jetzt braucht man sich nur vorzustellen, was das in Bezug auf jede einzelne Kontobewegung bedeutet.


Pete Jones äußert sich in einem Interview zu seinem künstlerischen Schaffen, mit dem er unter anderem die transzendente Schönheit von gedruckten Geldscheinen vermittelt. Auf seinen Reisen durch die Welt schaut er sich an, was hinter dem Geld steckt. Mit einer speziellen Technik, durchleuchteter Makrofotografie entstehen daraus Werke, die die Facettenhaftigkeit ›des schönen Scheins‹ sichtbar machen.


Sven Kalden hat im Rahmen seines Lena Brake Bank-Projektes deutlich gemacht, welchen Einfluss Banken auf das Leben eines jeden Einzelnen von uns haben können. Er berichtet, wie eine ebenfalls im sozialen Ansatz gegründete Kunstaktion nicht nur einem ideellen Zweck huldigt, sondern quasi eine Transformation ins alltägliche Geschehen, dem Erleben von Anwohnern und Passanten erfuhr.


Nichts und niemand ist sicher vor den minutiös durchgeplanten Aktionen Sebastian Siecholds, der 2012 die Deutsche Post AG durch die Versendungsaktion von 10-€-Scheinen als Postkarte provozierte. Er spielte mit einem aufgedruckten Text direkt auf § 903 BGB an, wonach der Besitzer einer Sache mit dieser anstellen darf, was er möchte, solange es nicht gesetzeswidrig ist. Der ‚gelbe Riese‘ lehnte die Zustellung „einer Sendung mit Bargeld“ unter Berufung auf seine AGB ab, übersandte indes einen Verrechnungsscheck in gleicher Höhe. Doch war damit die Geschichte noch nicht zu Ende …


Martin Stather schreibt über das Sammeln und spannt in seinem augenzwinkernd-ernsten Essay das Spektrum von elementaren menschlichen Bedürfnissen mit Bezügen zu Zeiten des ‚Jagen und Sammelns‘ hin zur Sammelleidenschaft des Menschen schlechthin, charakterisiert dabei das Zusammentragen von Kunstwerken ganz und gar nicht nur als elitäre Marotte gut betuchter Zeitgenoss:innen, sondern weit mehr als Aufgabe mit hohem Verantwortungsanspruch.


Philipp Valenta verfolgt mit seiner Serie „Being A Successful Artist (sold)“ ein ausgefallenes Konzept: der rote Punkt, gemeinhin als Markierung für verkaufte Kunstwerke eingesetzt, wird hier selbst auf das ansonsten leere Blatt gerückt – als Zeichen, dass das Werk gerade nicht verkauft, sondern an Museen und Sammlungen verschenkt wird. Der Künstler plant, alle Arbeiten in einigen Jahren wieder in einer Ausstellung zu vereinen, ergänzt um alle zu ihnen gehörenden Informationen. Was Erfolg nun ist, bleibt jedoch sicher dennoch fraglich.


Den Abschluss bilden verschiedene Stimmen zum Thema Kunst und Geld, ‚umrahmt‘ von einer Endlosschleife, die von Prof. Christin Lahr konzipiert wurde.

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